antony gormley
another place, 1997
100 body sized cast iron figures
while the others are dancing,
today’s sensor review spotlight is on:
strangely, there are many different ways to describe how a person enters water. while being “thrown into cold water” still implies a certain comedic element, the phrase “i’m going into the water” takes on a more sinister connotation, hinting at an intention to end one’s life, and “we’re going under” suggests adverse circumstances paired with a faint hope of one’s innocence. in all cases, the impending misfortune points to a dramatic turn in the past. similarly, the figures by gormley, installed in 1997 in the wadden sea near cuxhaven, disappear into the lonely, steady rhythm of nature when viewed from a distance. these naked figures, modeled after the sculptor’s own body, seem to drift far away, beyond the horizon. the ebb and flow of the tides encompass the scene, both in norway and france, until the figures finally find their resting place on a beach near liverpool.
as we drift along with or within a post-anthropological society, hysterically wandering like a zero in search of its matching one, daringly mixing facts with emotions and thus groping in the dark regardless of the circumstances, gormley’s figures long for something beyond the horizon. are these unfortunate, focus-lost circumstances what drive the artist, now knighted, to venture headlong into this blindly stumbling human condition, seeking to grasp the ever-entwining forces of becoming and passing in their dissolving forms? is gormley interested in the pure bodily mechanics of humanoid origin, meticulously disassembling his childhood toys only to reassemble them neatly in rows? or does he perhaps drill fine holes into his teddy bears’ heads to see the soul escape—maybe both? indeed, gormley’s biography suggests such inclinations; the artist is familiar with meditation practices aimed at overcoming blindness and ignorance, leaving a gentle trace that points toward a desire for dissolution, whether mental or physical.
‘field for the british isles’ from 1993, an installation of 40,000 hand-sized terracotta figurines, resonates with that collective aura that aligns masses in excitement or shock. like many of his works presented in groups, this one exudes that uniform yet ethereal restraint, no matter how fragmented, cubic, or linear the arrangement may seem. the form ebbs and flows like the tide-driven water over the beach—water that can both give and take life. these 650-kilogram statues will need to be engulfed for a long time before their gaze sweeping into the distance disappears with the waves. gormley modulates form, state, and time. “he who stands tall may be struck by many a gust of wind,” shakespeare has richard iii proclaim. the contemporary version, “the higher you climb, the harder you fall,” hints at cause and effect. but why do they all seem to fall, even though they never attempt to climb?
iir, september 2024
Eigenartigerweise existieren sehr viele Umschreibungen, wie ein Mensch in das Wasser eintaucht. Während „Ins kalte Wasser geworfen“ noch eine gewisse komödiantische Komponente impliziert, formuliert „Ich gehe ins Wasser“ eine hintertriebene Androhung, sich das Leben zu nehmen, und „Wir gehen unter“ lässt widrige Umstände, gepaart mit einer gewissen Hoffnung auf die eigene Unschuld, vermuten. In allen Fällen deutet das nahende Unglück auf eine dramatische Wendung in der Vergangenheit, und auch die erstmals 1997 im Wattenmeer vor Cuxhaven installierten Figuren Gormleys verlieren sich mit nötigem Abstand untereinander im einsamen, steten Wechsel der Natur. Die unbekleideten, dem Körper des Bildhauers abgenommenen Objekte zieht es hin in die Ferne, weit hinter den Horizont. Ebbe und Flut dürfen die Inszenierung auch in Norwegen und Frankreich umspielen, bis sie schlussendlich auf einem Strand nahe Liverpool ihren finalen Verbleib finden.
Während wir mit oder in einer post-anthropologischen Gesellschaft dahintreiben, einer Null gleich hysterisch herumirrend, auf der einsamen Suche nach der passenden Eins, tolldreist Fakten mit Emotionen vermischen und dergestalt bei welcher Gemengelage auch immer nur im Trüben stochern können, sehnsüchteln Gormleys Figuren über den Horizont hinaus. Treiben diese misslichen, fokusverlorenen Umstände den mittlerweile mit dem Ritterschlag geehrten Künstler an, sich solcherart mitten hinein in dieses blind taumelnde, menschliche Geworfensein zu wagen und die sich ewig umschlingenden Kräfte von Werden und Vergehen in all ihren aufgelösten Formulierungen fassend zu suchen? Ist Gormley an der reinen Körpermechanik humanoiden Ursprungs interessiert, zerlegte er in seiner Kindheit das Spielzeug fein säuberlich in die entsprechenden Einzelteile, um das wieder Zusammengefügte hernach in Reih und Glied zu formieren? Oder bohrt er feine Löcher in die Köpfe seiner Teddybären, um zu sehen, wie die Seele ausströmt – gar beides zusammen? Tatsächlich werden wir in Gormleys Vita fündig: Der Künstler ist vertraut mit Meditationsformen, die das Nichtsehen und die Verblendung überwinden wollen. Eine sanfte Spur, die die Sehnsucht nach Auflösung nahelegt, ob geistig oder körperlich.
„Field for the British Isles“ aus dem Jahr 1993, eine Installation bestehend aus 40.000 handgroßen Terrakotta-Figurinen, schwingt genau in jener kollektiven Aura, die Massen in Erregung oder Schock gleichrichten. Wie vielen seiner in Gruppen präsentierten Werkreihen entströmt jenes uniform ätherisch Verhaltende, wie fragmentiert, kubisch oder linear sie dargestellt sind. Die Form strömt hinein und heraus wie das gezeitengetriebene Wasser über den Strand – Wasser, das Leben geben und nehmen kann. Die 650 Kilogramm schweren Statuen werden lange umzüngelt sein müssen, bis ihr in die Weite schweifender Blick mit den Wellen entschwindet. Gormley moduliert Form, Zustand und Zeit. „Wer hoch steht, den kann mancher Windstoß treffen“, so legt es Shakespeare in den Mund Richards des Dritten. „Je höher sie klettern, desto tiefer ist der Fall“ – so die zeitgenössische Version – deutet auf Ursache und Wirkung. Warum aber scheinen alle zu fallen, obwohl sie nie versuchen zu steigen?
iir, september 2024