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joseph beuys
blitzschlag mit lichtschein auf hirsch, 1958/85

bronze, aluminum and iron, size variable

while the others are dancing,
today’s sensor review spotlight is on:

joseph beuys

© the estate of joseph beuys & monika nikolic

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joseph beuys is sustainable, in every way. while his fellow artists are busy scraping at the earwax of the bermuda triangle between marcel duchamp, henri matisse, and kazimir malevich, beuys is happily spreading his wedge of fat on a chair. the creator of singular artist attire—combining a citizen’s hat with a work-promoting vest—is the rumpelstiltskin of the 20th century, with only jeff koons narrowly touching his performative presence – koons, to everyone’s delight, in pose with an italian porn starlet… well, that’s about it. to the hare, he explains this, to the coyote, that, and his attentive restaging of previously used symbols within the right spaces demonstrates that beuys can truly animate his memorized childhood items, rather than merely arranging them blandly, like everyone else. leaping merrily from art, to society, to politics, his “oh, how nice that no one knows…” remains an unmatched assertion of artistic interpretation and dominance in modern visual art.

“blitzschlag mit lichtschein auf hirsch” is a re-creation of an installation originally set up for the berlin “zeitgeist” exhibition in 1982, now transformed and cast in copper and aluminum. with beuys’ trademark ease in interpreting this for that and that for this, he pulls a pack of symbol-sniffing art historians round and round through the circus ring, and his “everyone is an artist” enrages those around him in such a way that they collectively sneer he is not. beuys tolerates this because he can. his “blitzschlag” work is a lively amalgam of physics, biology, geography, and mythology, and here again, his effortless naming brings… joy. here we have primordial creatures; there stands the stag, raised to higher status, symbol of death; that’s the relic of the lightning strike, a clue to where this moment of divine intervention may have occurred. in his elegant play of lightness and gravity, tragedy and comedy, and with an uncanny feel for the space to be engaged, few dare take on the shaman’s hat, and in a duo with andy warhol, the screen-print wig, they entertain the world on a grand scale.

messianic and restless, but also—and perhaps especially—derided and banished, beuys is the flag-waver on the barricades of creatively disruptive enterprise. death, with which the artist had long been preoccupied, claims the sixty-five-year-old through pneumonia. even in his lifetime, wise men wrestle with the interpretation of the interpreter, decrying him as too loud, too self-aggrandizing, only self-promotional, and ultimately merely commercially driven—the critics shoot sharp but miss. his self-mythologizing, paired with his reinterpretative work, creating positive from negative in response to germany’s third reich past, stands as a creative stance for others. without friction, no fire—joseph beuys, the rowdy guarantor of noise and activity—and yet, before his teaching days, it is unheard of for a professor to be accessible every day. the man in the felt hat is a good teacher and sets new standards here also.

iir, november 2024

Joseph Beuys ist nachhaltig, und das in jeder Beziehung. Während seine Künstlerkollegen eifrig dem Ohrenschmalz des Bermudadreiecks zwischen Marcel Duchamp, Henri Matisse und Kasimir Malewitsch hinterherpopeln, schmiert dieser genüsslich seinen Fettkeil auf einen Stuhl. Der Erfinder der singulären Künstlerbekleidung unter bürgerlichem Hut mit arbeitsermahnender Weste ist das Rumpelstilzchen des 20. Jahrhunderts und wird in seiner performativen Präsenz nur von Jeff Koons knapp touchiert, der zu aller Freude ein italienisches Pornoschäfchen… nun ja, und das war’s dann auch schon. Dem Hasen wird dies erklärt, dem Kojoten jenes, und die aufmerksame Reinszenierung bereits verwendeter Insignien in entsprechendem Raum zeigt auf, dass Beuys seine memorierten Kinderutensilien wahrlich bespielen kann und diese nicht nur öde zu arrangieren sucht, wie alle anderen. Munter von der Kunst, über die Gesellschaft in die Politik hüpfend, ist sein „Ach wie gut, dass niemand weiß…“ unerreichte künstlerische Behauptungs- und Deutungsmacht in der bildenden Kunst der Neuzeit.

„Blitzschlag mit Lichtschein auf Hirsch“ ist eine Wiederaufnahme einer für die Berliner „Zeitgeist“-Ausstellung 1982 errichteten Installation, nun transformiert und in Kupfer und Aluminium gegossen. Mit der Beuys ureigensten Leichtigkeit, dies für jenes und das für dieses zu interpretieren, zieht er das Rudel symbolerschnüffelnder Kunsthistoriker wieder und wieder im Kreis herum, und sein „Jeder ist ein Künstler“ macht die Umstehenden so zornig, dass sie im Kollektiv keifen, er sei keiner. Beuys erträgt das, weil er es kann. Seine „Blitzschlag“-Arbeit ist ein munteres Amalgam aus Physik, Biologie, Geographie und Mythologie, und wiederum macht auch hier seine benennende Mühelosigkeit einfach… Freude. Dies sind Urtiere, dort steht der zu Höherem erhobene Hirsch, das Symbol des Todes, das ist das Relikt des eingeschlagenen Blitzes, und ein Hinweis, wo dieser auf göttliche Einflussnahme zurückzuführende Moment stattgefunden haben mag, findet sich auch. In galantem Spiel mit Leichtigkeit und Schwere, Tragödie und Komödie und einem faszinierenden Gespür für den zu bespielenden Raum greift dem Schamanen so leicht keiner an den Hut, und im Duo mit Andy Warhol, der Siebdruckperücke, bespaßen sie großformatig die Welt.

Messianisch und rastlos, aber auch – oder gerade weil – beschimpft und vertrieben, ist Beuys der Fahnenschwinger auf der Barrikade künstlerisch aufrührender Betriebsamkeit. Der Tod, mit dem sich der Künstler viel beschäftigt, holt sich den gerade Fünfundsechzigjährigen mittels einer Lungenentzündung. Schon zu Lebzeiten zerren die Weisen an der Deutung des Deuters: zu laut, zu selbstüberhöht, nur instrumentalisierend und schlussendlich doch nur kommerziell motiviert – die Kritiker schießen scharf, aber treffen nicht. Die Selbstmythisierung in Kombination mit der umdeutenden, aus Negativem Positives schaffenden Verarbeitung nationalsozialistisch deutscher Geschichte gilt für die anderen als kreative Position. Ohne Reibung kein Feuer – Joseph Beuys, rabaukischer Garant für Lärm und Umtrieb – und doch: Vor seiner Lehrzeit ist es unüblich, als Professor täglich ansprechbar zu sein. Der Mann mit dem Filzhut ist ein guter Lehrer und setzt auch hier neue Standards.

iir, november 2024