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michael wutz
untitled, 2019

aquatint, drypoint & open etching on paper
100 x 140 cm

while the others are dancing,
today’s sensor review spotlight is on:

michael wutz
en
de

the national socialists are quick in many ways, but their most urgent desire to be the brightest stars in the firmament is not granted to them. with strategic air strikes by the allied forces, flown over hundreds of german cities, the enemies war morale crumbles, and the arrogant howling for a thousand-year reich ends in a bombed-out wasteland. the untitled, large-format etching by the artist addresses both the desperate drive for self-illumination rising from the deepest depths, the infinite upward striving for multiplication, and the godlike claim to rule, on the one hand, and the consequence of total war resulting from this boundless arrogance, leading to complete annihilation on the other. while the dome of light, formed from hundreds of anti-aircraft searchlights aimed upwards, represents the symbol of a joyful totalitarian delusion of self-empowerment, the deep hum of approaching bombers from the anti-hitler coalition can already be heard in the distance.

with a starkly contrasted, graphically minimalized view of such a fictional hall of columns formed by light, michael wutz focuses precisely on that silent moment when the great, supposedly eternal empire still slumbers confidently before the furious storm breaks and buries everything beneath it in destruction. following his diverse artistic explorations—driven by his deeply rooted love for fantastic literature—into the boundary between fiction and reality supplemented by a historical fact, the artist captures exactly that moment when one already knows of the impending collapse of events. anthropologist, geomorphologist, archaeologist, and philosopher all in one, the representation of humanity’s obsessive need for expression solidifies as the focal point from which wutz sends his and our thoughts spiraling wildly. honored with the horst janssen graphic award, his brilliant drawing and printing techniques elevate the viewer’s sense of uncanny discomfort, drawing us deep into the question of how art claims its relevance. while the faithful depiction of withering, bare-rooted garden roses, created in any medium, may well elicit the sought-after memento mori sigh, wutz’s finger, however, presses on a different, more deeply festering wound.

iir, september 2024

Die Nationalsozialisten sind schnell in vielerlei Hinsicht, ihr dringlichster Wunsch, die hellsten Sterne am Firmament zu sein, ist ihnen allerdings nicht gegeben. Mit strategischen Lufteinsätzen der alliierten Streitkräfte, geflogen auf hunderte deutscher Städte, zermürbt sich die Kriegsmoral des Gegeners, und das anmaßende Geheul von einem tausendjährigen Reich endet in einer flächenbombardierten Trümmerwüste. Die unbetitelte, großformatige Radierung des Künstlers thematisiert sowohl die aus der tiefsten Tiefe dringende Verzweiflung der Selbsterhellung, der ins Unendliche himmelwärts strebenden Multiplizierung eines sich in göttlichen Volumen gebärdenden Herrscheranspruchs zum einen, und die aus dieser grenzenlosen Anmaßung resultierende Konsequenz des totalen Krieges und in der Folge die völlige Auslöschung. Wenn der Lichterdom, gebildet aus hunderten nach oben gerichteter Flugabwehrscheinwerfer, das Sinnbild eines freudig totalitären Selbstermächtigungswahns darstellt, ist in der Ferne schon das tiefe Brummen anfliegender Bomber der Anti-Hitler-Koalition zu vernehmen.

Mit einer hart kontrastierten, grafisch minimalisierten Ansicht einer solchen durch Licht geformten, fiktiven Säulenhalle fokussiert Michael Wutz genau jenen stillen Moment, in dem das große, angestrebte Ewige noch siegesgewiss dahindämmert, bevor der zornige Sturm losbricht und alles unter sich vernichtend begräbt. Seinen vielfältigen, der tief verankerten Liebe zur fantastischen Literatur geschuldeten, künstlerischen Schürfungen um den Grenzstein zwischen Fiktion und Realität als geschichtlichem Fakt beigefügter Auseinandersetzung folgend, hält der Künstler auch hier genau den Moment fest, in dem man um das nahende Kippen des Geschehens schon weiß. Anthropologe, Geomorphologe, Archäologe und Philosoph in einer Seele, verfestigt sich die Darstellung menschlicher Entgrenzungswut zum Angelpunkt, von dem aus Wutz seine und unsere Gedanken in wildem Bogen kreisen lässt. Mit dem Horst-Janssen-Grafikpreis geehrt, zieht uns das schaudernde Unwohlsein durch seine brillante Zeichen- und Drucktechnik erhöht mitten hinein in die Frage, wodurch Kunst ihren Anspruch erwirbt. Die getreu geteilte Abbildung verwelkender, wurzelnackter Gartenrosen, in welchem Medium auch immer erstellt, mag den gesuchten Memento-Mori-Seufzer gerne erzeugen – Wutzens Finger allerdings liegt hier in einer anderen, tief schwelenden Wunde.

iir, september 2024