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war
pearl harbor …
2025


to consider the idea courageous is a matter of perspective; some simply call it cowardly. its technical implementation is extremely ambitious, and the actual effect—above all, the resulting long-term consequences—cannot be predicted. conceived as a clever interim solution to partially hinder the enemy and thus secure its own oil supply in asia, the surprising pyrrhic victory becomes the actual turning point of the second world war. the isolationist foreign policy under franklin d. roosevelt, clinging to the losses of the first great war, reverses into its opposite, and with the suddenly awakened arms industry, the usa unintentionally overcomes its decades-long internal crises. what only a few japanese military officials had warned against comes to pass four years later. two cities burn under the atomic mushrooms of a weapon originally intended for berlin in the race against the third reich, now making its catastrophic debut over the japanese empire and burying it. from a strategic miscalculation that had not been sufficiently thought through in its consequences, the japanese people must reinvent and redefine themselves fundamentally for the third time in three centuries. from today’s point of view, the tragedy of this misjudgment is all the more incomprehensible, given that a drone and bomb can now be delivered to the target area in mere seconds at the push of a button. anyone who wants to understand war and the machinery it inevitably sets in motion will intuitively recognize from such momentous miscalculations how little of it can ultimately be controlled in its entirety.
war is not just a condition; it must also be waged by those who have learned the craft and understand its causalities. the very question of how war is handled over time forms the basis for the threefold cultural inversion of the japanese people. the edo period under the tokugawa shoguns pacifies the islands after aeons of endless quarrels among hostile regional lords. the country is pacified for more than two centuries through artfully and peacefully staged swordsmanship, the subtle handling of ink work on paper, and the scholarly preparation of tea, and thus attains it’s, at least domestically, serene calm. finally torn from this isolation in 1859 by an american battleship, the culture changes once again, this time into a flourishing hub of trade under the strict ban of the formerly powerful and proud samurai. however, the forcibly suppressed warrior caste returns with increasingly strong eruptions to the public sphere, finally pushing back into the center of power with the wave of global nationalism and the successfully waged russo-japanese war of 1904. through their victory, the americans in 1945 end a japanese era for the second time, only now to chase the aggressive colonial power that had flooded the asian continent for decades back to its island—instead of, as the first time, loudly cracking open its garden gate to expose it to the world.
what may read like a neatly presented tea biscuit in this highly compressed version can and will not omit or hide the catastrophes and the millions of murdered victims. pearl harbor is—among many others—a striking example of how the entirely not-innocent flap of a butterfly’s wings can alter the course of world events permanently and irrevocably. without this heinous attack, a „what if“ scenario of possible events in the second world war becomes a field of wild speculation, in which, across all imaginings of horror, dictatorial germany under adolf hitler would, in any case, have gained one thing: time. the image of a nuclear flash shrugging over a european capital is just one of them. war is never monocausal; the territorial expansion and extermination fantasies of the third reich did not grow solely behind a neatly trimmed mustache, and the terrifying joy in the establishment of new orders was not born in the 20th century. war, as this example shows, draws its all-pervasive threads even when the majority of a population does not want it. the military historian carl von clausewitz summarized this devastating and bitter realization in a single clear sentence: “every age has its own kind of war, its own limiting conditions, and its own particular prejudices.” man is violent by nature and finds a way to express this disposition through force and destruction.
iir, june 2025
Die Idee als mutig zu erachten, ist eine Frage der Betrachtungsweise – manche nennen sie schlichtweg nur feige. Deren technische Umsetzung ist äußerst ambitioniert, und der tatsächliche Effekt, vor allem aber die daraus resultierenden langfristigen Folgen, sind nicht abschätzbar. Als clever angedachte Zwischenlösung, mit der partiellen Behinderung des Gegners die eigene Ölversorgung in Asien zu sichern, gerät der überraschende Pyrrhus-Sieg zum eigentlichen Wendepunkt des Zweiten Weltkrieges. Die isolationistische, sich an den Verlusten des Ersten Großen Krieges festhaltende Außenpolitik unter Franklin D. Roosevelt schlägt um in ihr Gegenteil, und mit der nun rasch erwachenden Rüstungsindustrie überwindet die USA ungeplant ihre jahrzehntelang anhaltenden internen Krisen. Wovor nur einige wenige japanische Militärs gewarnt haben, tritt vier Jahre später ein: Zwei Städte verglühen unter den Atompilzen einer Waffe, die – im Wettlauf mit dem Dritten Reich ursprünglich für Berlin angedacht – nun ihre katastrophale Premiere über dem japanischen Kaiserreich findet und dieses unter sich begräbt. Aus einer, in ihrer Konsequenz nicht weit genug gedachten strategischen Fehlentscheidung heraus, muss sich das japanische Volk zum dritten Mal innerhalb dreier Jahrhunderte fundamental erfinden und neu definieren. Aus heutiger Sicht ist die Tragik dieses Missgriffes nur umso weniger verständlich, da durch entsprechenden Knopfdruck sekundenschnell die jeweilige Drohne samt Bombe in das gewünschte Zielgebiet gebracht werden kann. Wer Krieg und das Räderwerk, das so unabwendbar in Gang gesetzt wird, verstehen will, erkennt anhand solcher folgenschweren Falscheinschätzungen intuitiv, wie wenig dieser letztendlich in seiner Gänze zu lenken ist.
Krieg ist nicht nur ein Zustand – er muss auch von eben jenen durchgeführt werden, die dieses Handwerk erlernt haben und seine Kausalitäten verstehen. Exakt die Frage nach der zeitbezogenen Handhabung desselben bildet den Grund für die dreifache kulturelle Umstülpung der Japaner. Die Edo-Zeit unter den Tokugawa-Shogunen befriedet die Insel nach Äonen endloser Raufereien unter verfeindeten Regionalfürsten. Das Land wird über zwei Jahrhunderte lang durch kunstvoll und friedfertig inszenierte Schwertführung, feinsinnige Handhabung von Tuschearbeiten auf Papier und gelehriger Teezubereitung befriedet und erlangt so – zumindest nach innen – seine gelassene Ruhe. 1859, final durch ein amerikanisches Schlachtschiff aus dieser Isolation gerissen, wandelt sich die Kultur erneut – diesmal zu einem blühenden Handelsort, und unter dem strikten Verbot der ehemals machtvollen und stolzen Samurais. Die zwangsunterdrückte Kriegerkaste allerdings dringt in immer stärker werdenden Eruptionen zurück an die Öffentlichkeit, um schließlich mit der Welle globalen Nationalismus‘ und dem erfolgreich geführten Japanisch-Russischen Krieg 1904 wieder ins Zentrum der Macht vorzustoßen. Durch ihren Sieg beenden die Amerikaner 1945 zum zweiten Mal eine japanische Epoche – nur um jetzt die den asiatischen Kontinent über Jahrzehnte überflutende, aggressive Kolonialmacht zurück auf ihre Insel zu scheuchen, statt wie beim ersten Mal deren Gartentörchen lauthals zu knacken, um sie der Welt zu öffnen.
Was in der zeitlich stark gerafften Fassung wie ein schmackhaft dargereichtes Teegebäck daherkommen mag, kann und will die Katastrophen – die Millionen gemeuchelter Opfer – nicht auslassen oder gar verbergen. Pearl Harbor ist – und es ließen sich derer viele auffinden – ein denkwürdiges Beispiel, wie der ganz und gar nicht unschuldige Flügelschlag eines Schmetterlings das Weltgeschehen langfristig und unwiderrufbar ändern kann. Ohne diesen ruchlosen Anschlag gerät ein „Was-wäre-wenn“-Szenario der möglichen Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges zu wüsten Spekulationen, in deren verschiedenartig anzudenkenden Horrorszenarien das diktatorische Deutschland unter Adolf Hitler in jedem Fall eines gewonnen hätte: Zeit. Die Vorstellung eines über einer europäischen Hauptstadt aufzuckenden atomaren Blitzes ist nur eine davon. Krieg ist nie monokausal, die territorialen Expansions- und Vernichtungsphantasien des Dritten Reiches sind nicht nur hinter einem kurz gestutzten Schnurrbart erwachsen, und die erschreckende Freude an der Errichtung neuer Ordnungen ist wahrlich nicht erst im 20. Jahrhundert entstanden. Krieg – so zeigt das Exempel auf – zieht seine alles durchdringenden Fäden auch dann, wenn die Mehrheit einer Bevölkerung dies nicht wünscht. Der Militärhistoriker Carl von Clausewitz fasst diese verheerende und bittere Erkenntnis in einem eindeutigen Satz zusammen: „Jedes Zeitalter hat seine eigene Art des Krieges, seine eigenen einschränkenden Bedingungen und seine eigenen besonderen Vorurteile.“ Der Mensch ist von Natur aus gewalttätig und findet seinen Weg, diese seine Anlage mit Gewalt und Zerstörung zum Ausdruck zu bringen.
iir, june 2025