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01

the first falling leaves in the fall of 1957 not only herald the coming winter, the cold will come but it is the frost of the bitter competition, which does not find its end with the first man on the moon, but in this victory forms a first keystone where the spaceage slowly but surely comes to an end. sputnik, the world’s first satellite orbits the earth and its constant beeping announces the russian-american battle for dominance in the dark starry sky, which culminates with neil armstrong’s exploratory step out into the sea of silence. as if the choice of landing site were an unintentional omen and prophecy of the onset of the weariness of an almost two-decade-long, rocket-supported struggle for glory in space, the initially euphorically celebrating humanity dutifully falls back to earth to turn its attention to earthly thrusts and the liberation from them.

02

since 2019, the series ‚for all mankind‘, which was initially masterfully conceived and then unfortunately suffocates in the human factor, has been showing the sometimes still astonished viewer what would have happened if the russians had been the first to stir up the moon dust with their flag. as a female cosmonaut sets foot on the satellite with the second lunar landing, female equality is also packed in for the journey. with the help of a healthy competition, the thought-provoking plot brings the fictional timeline closer to the series junkie and overtakes the present day with brilliantly staged images of lunar and martian colonies or the mining of ore-strewn astereoids. while ‚the new yorker‘ is currently mocking self-flying vehicles equipped with drone rotors that can elegantly hop over a garage, the boomer generation still doesn’t forget from this sad farce that they were promised flying cars in their childhood and that they would just have to wait a little bit longer.

03

is the middle-aged us american white man up there drying up in his boredom due to the desolation, in the absence of a shirt-sleeved soviet opponent, or is it the unobstructed magnificent view of the still blue planet that makes him ponder what else can be done down there after the following deorbit, is unclear. immediately after the final departure from the seemingly disdainful, sky-high mansion, new, earthbound sandboxes are dug up and it remains unclear how super-capitalism, globalization or digitalization would have affected the surfaces of the moon, mars or jupiter if their colonization had remained the focus of the busy gold prospector. after a successful fall back to grassy expanses, the thought dawns in the depths of his attention as to why the yellow old man, or the brown one, is not a dirty word, but the white one is and why the new, now internationally active male competition is simply better camouflaged.

04

in a would’ve/could’ve/should’ve universe and intellectual consistency à la ‚for all mankind‘, tout le monde is represented according to current viewing norms. some actual us presidents do not find the appropriate chair here, while the first poc to take her place in the series is a female astronaut. no matter how much one might hope to extract an earth-shattering beep from this audiovisual production, the common essence is unfortunately not to be found. sputnik, the source of meaning, continues to disappear and the sad question arises as to whether, in the massive banality of ‚everyone must be heard‘, such a quietly warbling soundtrack can or wants to be perceived at all. even in the thigh-slapping value phrase ‚every man for himself and god against all‘ there is still a certain competing antagonism that, in the absence of an all-powerful lord, sinks into all against all. most of current identity-seeking campaigns are preceded by a resourceful enemy image. in the militant assumption of being able to sew back together the bedclothes of a possible world community in individually torn out pieces depending on the occasion, little can be learned from the eloquent and heatedly disputed battles of contemporary patchwork fantasies.

05

anyone who still suspects a global, unifying promise in the early years of the internet at the beginning of this century can only applaud quietly at the decline of the misery of social networks, which has degenerated into a ramshackle store of multinational corporations. the field is prepared, the weapons ready and sharpened and the winner will be determined when the dust of the rising turmoil settles again.

where is sputnik?

martin eugen raabenstein, 2024

01

Die ersten fallenden Blätter im Herbst 1957 künden nicht nur vom kommenden Winter, die Kälte wird kommen, aber es ist der Frost des erbitterten Wettbewerbs, der zwar nicht sein Ende mit dem ersten Menschen auf dem Mond findet, aber in diesem Sieg allerdings einen ersten Schlussstein bildet, mit dem das Space Age langsam, aber bestimmt zu Ende geht. Sputnik, der weltweit erste Satellit, umrundet die Erde, und sein konstantes Piepen läutet den russisch-amerikanischen Kampf um die Vorherrschaft im dunklen Sternenhimmel ein, der mit Neil Armstrongs forschem Ausschritt ins Meer der Ruhe seinen Höhepunkt darstellt. Als sei die Wahl des Landeplatzes ein ungewolltes Omen und Prophezeiung der nun einsetzenden Ermattung einer fast zwei Jahrzehnte anhaltenden, raketengestützten Rangelei um Ruhm im Raum, fällt die anfänglich euphorisch abfeiernde Menschheit brav zurück auf die Erde, um sich irdischen Schubsereien und den Befreiungen davon zuzuwenden.

02

Die anfänglich meisterlich angedachte und dann leider doch im Menschelnden erstickende Serie „For All Mankind“ führt dem mitunter immer noch erstaunten Zuschauer seit 2019 vor Augen, was passiert wäre, hätten die Russen mit ihrer Flagge als Erste den Mondstaub aufgewirbelt. Da mit der zweiten lunaren Landung eine Kosmonautin den Trabanten betritt, wird auch die amerikanische Gleichberechtigung für die Reise mit eingepackt. Unter Zuhilfenahme einer gesunden Konkurrenz, so der gedanklich erfrischende Plot, nähert sich die fiktive Zeitschiene dem Seriennerd und überholt die Jetztzeit mit brillant inszenierten Bildern von Mond- und Marskolonien oder dem Abbau von erzdurchzogenen Asteroiden. Während sich aktuell der ‚The New Yorker‘ über mit Drohnenrotoren bestückte Selbstflieger mokiert, die elegant eine Garage überhüpfen können, vergisst die Boomer-Generation anhand dieser traurigen Farce immer noch nicht, dass man ihnen in ihrer Kindheit fliegende Autos versprochen hat. Man müsse eben noch eine kleine Weile warten.

03

Trocknet der mittelalte, US-amerikanische weiße Mann dort oben in seiner der Ödnis geschuldeten Langeweile ein, in Ermangelung eines hemdsärmligen Sowjetkombattanten, oder ist es der unverstellt herrliche Ausblick auf den noch blauen Planeten, der ihn überhaupt erst dazu bringt, darüber zu grübeln, was man dort unten nach dem nun folgenden Deorbit noch so alles anstellen kann, ist unklar. Unmittelbar nach der endgültigen Abkehr vom schnöde erscheinenden, himmelhohen Herrensitz werden neue, erdgebundene Sandkästen angegraben, und es bleibt ungedacht, wie sich Super-Kapitalismus, Globalisierung oder Digitalisierung auf die Oberflächen von Mond, Mars oder Jupiter ausgewirkt hätten, wären deren Kolonialisierung weiterhin im Fokus des umtriebigen Goldschürfers verblieben. Nach erfolgreichem Rücksturz auf grasbehügelte Weiten dämmert in den Tiefen seiner Aufmerksamkeit der Gedanke auf, warum der gelbe alte Mann oder der braune kein Schimpfwort ist, wohl aber der weiße, und sich die neue, nunmehr international agierende männliche Konkurrenz einfach besser wegtarnt.

04

In einem hätte/würde/könnte-Universum und gedanklicher Konsequenz à la „For All Mankind“ zeigt sich den aktuellen Sehnormen entsprechend tout le monde repräsentiert. Einige tatsächliche US-Präsidenten finden hier nicht den entsprechenden Stuhl, während die erste POC, die dort in der Serie Platz nimmt, eine weibliche Astronautin ist. Sosehr man auch darauf hoffen möchte, dieser audiovisuellen Produktion einen erdumspannenden Piepton entnehmen zu können, ist die gemeinsinnspendende Essenz daraus leider nicht zu schöpfen. Sputnik, der Sinnstifter, bleibt weiterhin verschwunden, und es drängt sich die traurige Frage auf, ob in der wuchtigen Banalität des „Jeder muss gehört werden“ eine so leise vor sich hin trällernde Tonspur überhaupt noch wahrgenommen werden kann, oder will. Selbst in der schenkelklopfenden Worthülse „Jeder für sich und Gott gegen alle“ steckt noch eine gewisse konkurrierende Gegnerschaft, die in der Abwesenheit eines alles richtenden Allmächtigen im Alle-gegen-Alle versinkt. Sämtlichen aktuellen Identität suchenden Kampagnen geht ein findiges Feindbild voraus. In der kämpferischen Annahme, das alle zu wärmende Betttuch einer möglichen Weltgemeinschaft in individuell ausgerissenen Teilstückchen je nach Anlass wieder zusammennähen zu können, kann aus den wortmächtigen und hitzig zerstrittenen Gefechten gelebter zeitgenössischer Patchwork-Phantasien wenig gelernt werden.

05

Wer in den Anfängen des Internets zu Beginn dieses Jahrhunderts noch ein weltumspannendes, zusammenführendes Versprechen vermutet, kann anhand des Niedergangs der zum Ramschladen multinationaler Konzerne verkommenen Elend sozialer Netzwerke nur noch leise applaudieren. Das Feld ist bereitet, die Waffen geschärft, und der Sieger wird ermittelt, wenn sich der Staub des sich anhebenden Schachtengewimmels wieder legt.

Wo ist Sputnik?

martin eugen raabenstein, 2024

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the first falling leaves in the fall of 1957 not only herald the coming winter, the cold will come but it is the frost of the bitter competition, which does not find its end with the first man on the moon, but in this victory forms a first keystone where the spaceage slowly but surely comes to an end. sputnik, the world’s first satellite orbits the earth and its constant beeping announces the russian-american battle for dominance in the dark starry sky, which culminates with neil armstrong’s exploratory step out into the sea of silence. as if the choice of landing site were an unintentional omen and prophecy of the onset of the weariness of an almost two-decade-long, rocket-supported struggle for glory in space, the initially euphorically celebrating humanity dutifully falls back to earth to turn its attention to earthly thrusts and the liberation from them.

02

since 2019, the series ‚for all mankind‘, which was initially masterfully conceived and then unfortunately suffocates in the human factor, has been showing the sometimes still astonished viewer what would have happened if the russians had been the first to stir up the moon dust with their flag. as a female cosmonaut sets foot on the satellite with the second lunar landing, female equality is also packed in for the journey. with the help of a healthy competition, the thought-provoking plot brings the fictional timeline closer to the series junkie and overtakes the present day with brilliantly staged images of lunar and martian colonies or the mining of ore-strewn astereoids. while ‚the new yorker‘ is currently mocking self-flying vehicles equipped with drone rotors that can elegantly hop over a garage, the boomer generation still doesn’t forget from this sad farce that they were promised flying cars in their childhood and that they would just have to wait a little bit longer.

03

is the middle-aged us american white man up there drying up in his boredom due to the desolation, in the absence of a shirt-sleeved soviet opponent, or is it the unobstructed magnificent view of the still blue planet that makes him ponder what else can be done down there after the following deorbit, is unclear. immediately after the final departure from the seemingly disdainful, sky-high mansion, new, earthbound sandboxes are dug up and it remains unclear how super-capitalism, globalization or digitalization would have affected the surfaces of the moon, mars or jupiter if their colonization had remained the focus of the busy gold prospector. after a successful fall back to grassy expanses, the thought dawns in the depths of his attention as to why the yellow old man, or the brown one, is not a dirty word, but the white one is and why the new, now internationally active male competition is simply better camouflaged.

04

in a would’ve/could’ve/should’ve universe and intellectual consistency à la ‚for all mankind‘, tout le monde is represented according to current viewing norms. some actual us presidents do not find the appropriate chair here, while the first poc to take her place in the series is a female astronaut. no matter how much one might hope to extract an earth-shattering beep from this audiovisual production, the common essence is unfortunately not to be found. sputnik, the source of meaning, continues to disappear and the sad question arises as to whether, in the massive banality of ‚everyone must be heard‘, such a quietly warbling soundtrack can or wants to be perceived at all. even in the thigh-slapping value phrase ‚every man for himself and god against all‘ there is still a certain competing antagonism that, in the absence of an all-powerful lord, sinks into all against all. most of current identity-seeking campaigns are preceded by a resourceful enemy image. in the militant assumption of being able to sew back together the bedclothes of a possible world community in individually torn out pieces depending on the occasion, little can be learned from the eloquent and heatedly disputed battles of contemporary patchwork fantasies.

05

anyone who still suspects a global, unifying promise in the early years of the internet at the beginning of this century can only applaud quietly at the decline of the misery of social networks, which has degenerated into a ramshackle store of multinational corporations. the field is prepared, the weapons ready and sharpened and the winner will be determined when the dust of the rising turmoil settles again.

where is sputnik?

martin eugen raabenstein, 2024

01

Die ersten fallenden Blätter im Herbst 1957 künden nicht nur vom kommenden Winter, die Kälte wird kommen, aber es ist der Frost des erbitterten Wettbewerbs, der zwar nicht sein Ende mit dem ersten Menschen auf dem Mond findet, aber in diesem Sieg allerdings einen ersten Schlussstein bildet, mit dem das Space Age langsam, aber bestimmt zu Ende geht. Sputnik, der weltweit erste Satellit, umrundet die Erde, und sein konstantes Piepen läutet den russisch-amerikanischen Kampf um die Vorherrschaft im dunklen Sternenhimmel ein, der mit Neil Armstrongs forschem Ausschritt ins Meer der Ruhe seinen Höhepunkt darstellt. Als sei die Wahl des Landeplatzes ein ungewolltes Omen und Prophezeiung der nun einsetzenden Ermattung einer fast zwei Jahrzehnte anhaltenden, raketengestützten Rangelei um Ruhm im Raum, fällt die anfänglich euphorisch abfeiernde Menschheit brav zurück auf die Erde, um sich irdischen Schubsereien und den Befreiungen davon zuzuwenden.

02

Die anfänglich meisterlich angedachte und dann leider doch im Menschelnden erstickende Serie „For All Mankind“ führt dem mitunter immer noch erstaunten Zuschauer seit 2019 vor Augen, was passiert wäre, hätten die Russen mit ihrer Flagge als Erste den Mondstaub aufgewirbelt. Da mit der zweiten lunaren Landung eine Kosmonautin den Trabanten betritt, wird auch die amerikanische Gleichberechtigung für die Reise mit eingepackt. Unter Zuhilfenahme einer gesunden Konkurrenz, so der gedanklich erfrischende Plot, nähert sich die fiktive Zeitschiene dem Seriennerd und überholt die Jetztzeit mit brillant inszenierten Bildern von Mond- und Marskolonien oder dem Abbau von erzdurchzogenen Asteroiden. Während sich aktuell der ‚The New Yorker‘ über mit Drohnenrotoren bestückte Selbstflieger mokiert, die elegant eine Garage überhüpfen können, vergisst die Boomer-Generation anhand dieser traurigen Farce immer noch nicht, dass man ihnen in ihrer Kindheit fliegende Autos versprochen hat. Man müsse eben noch eine kleine Weile warten.

03

Trocknet der mittelalte, US-amerikanische weiße Mann dort oben in seiner der Ödnis geschuldeten Langeweile ein, in Ermangelung eines hemdsärmligen Sowjetkombattanten, oder ist es der unverstellt herrliche Ausblick auf den noch blauen Planeten, der ihn überhaupt erst dazu bringt, darüber zu grübeln, was man dort unten nach dem nun folgenden Deorbit noch so alles anstellen kann, ist unklar. Unmittelbar nach der endgültigen Abkehr vom schnöde erscheinenden, himmelhohen Herrensitz werden neue, erdgebundene Sandkästen angegraben, und es bleibt ungedacht, wie sich Super-Kapitalismus, Globalisierung oder Digitalisierung auf die Oberflächen von Mond, Mars oder Jupiter ausgewirkt hätten, wären deren Kolonialisierung weiterhin im Fokus des umtriebigen Goldschürfers verblieben. Nach erfolgreichem Rücksturz auf grasbehügelte Weiten dämmert in den Tiefen seiner Aufmerksamkeit der Gedanke auf, warum der gelbe alte Mann oder der braune kein Schimpfwort ist, wohl aber der weiße, und sich die neue, nunmehr international agierende männliche Konkurrenz einfach besser wegtarnt.

04

In einem hätte/würde/könnte-Universum und gedanklicher Konsequenz à la „For All Mankind“ zeigt sich den aktuellen Sehnormen entsprechend tout le monde repräsentiert. Einige tatsächliche US-Präsidenten finden hier nicht den entsprechenden Stuhl, während die erste POC, die dort in der Serie Platz nimmt, eine weibliche Astronautin ist. Sosehr man auch darauf hoffen möchte, dieser audiovisuellen Produktion einen erdumspannenden Piepton entnehmen zu können, ist die gemeinsinnspendende Essenz daraus leider nicht zu schöpfen. Sputnik, der Sinnstifter, bleibt weiterhin verschwunden, und es drängt sich die traurige Frage auf, ob in der wuchtigen Banalität des „Jeder muss gehört werden“ eine so leise vor sich hin trällernde Tonspur überhaupt noch wahrgenommen werden kann, oder will. Selbst in der schenkelklopfenden Worthülse „Jeder für sich und Gott gegen alle“ steckt noch eine gewisse konkurrierende Gegnerschaft, die in der Abwesenheit eines alles richtenden Allmächtigen im Alle-gegen-Alle versinkt. Sämtlichen aktuellen Identität suchenden Kampagnen geht ein findiges Feindbild voraus. In der kämpferischen Annahme, das alle zu wärmende Betttuch einer möglichen Weltgemeinschaft in individuell ausgerissenen Teilstückchen je nach Anlass wieder zusammennähen zu können, kann aus den wortmächtigen und hitzig zerstrittenen Gefechten gelebter zeitgenössischer Patchwork-Phantasien wenig gelernt werden.

05

Wer in den Anfängen des Internets zu Beginn dieses Jahrhunderts noch ein weltumspannendes, zusammenführendes Versprechen vermutet, kann anhand des Niedergangs der zum Ramschladen multinationaler Konzerne verkommenen Elend sozialer Netzwerke nur noch leise applaudieren. Das Feld ist bereitet, die Waffen geschärft, und der Sieger wird ermittelt, wenn sich der Staub des sich anhebenden Schachtengewimmels wieder legt.

Wo ist Sputnik?

martin eugen raabenstein, 2024