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mitgehört
this episode:
yiqing zhang
kindergarten teacher, shanghai

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in his column „mitgehört“, martin raabenstein interviews various people about what drives them musically. from formative moments to current highlights: the filter swarm’s jukebox gets more colorful with each episode. this time: yiqing zhang. a few years ago, this chinese man embarked on a new career path, leaving behind his role as a consultant to start a kindergarten.

dear yiqing, would you like to introduce yourself briefly?

i run a kindergarten in shanghai. however, my background is quite different. initially, i was a journalist at a weekly newspaper, covering culture and society. then, i became an analyst at a consultancy focusing on cultural transfer between europe and china, mainly in the automotive industry and education. the contrast between traditional chinese education and the western-influenced waldorf concept that i encountered made me think about how crucial early childhood is for human development – a strong inspiration to start my own kindergarten. it took quite a while and various seminars in this direction.

since i work with children every day, my view of the world has changed. this is not only because of spending time with the little ones but also how we introduce them to life’s tasks, big and small, through music, painting, crafting, and other artistic activities. i live in shanghai, a mega-city with 30 million inhabitants – it offers plenty of opportunities but is also very demanding. i like the speed and noise during the day but need my quiet suburban apartment to unwind and enjoy peace. living in a collective society, i need this personal independence. i haven’t quite achieved it yet but continue to search for a good way there.

what music are you currently enjoying?

classical music – johann sebastian bach and his sons, carl philipp emanuel bach, wilhelm friedemann bach, johann christian bach, and johann christoph friedrich bach. i particularly enjoy piano concertos.

what’s the allure for you?

exploring classical music is relatively new territory for me. in the past, it was more pop music – i paid close attention to the lyrics, which often deeply touched me emotionally. i learned a lot for my life from it, although some things were trivial. eventually, it became too much, and i felt the urge for purer music. now i almost exclusively listen to classical music; it satisfies my needs and expands my mind in diverse ways. above all, it calms me down, and i experience profound silence.

do you generally spend much time with music?

i can’t play music during the day; digital devices are not allowed in our kindergarten. but i need it daily. in the mornings before and after work, i turn on my devices. it adds color to my private time, puts me in various moods, and is a useful way to communicate with myself.

how do you prefer to listen to music? concentrated in front of the stereo system or, for example, with headphones?

at home, i have a bluetooth speaker. i used to listen a lot with headphones, but now i prefer the speaker. it creates a space for the whole body, not just the ears. with headphones, i always felt physically isolated.

your oldest tonal memory?

when i was twelve, i sang in the school choir. we practiced weekly and were in a competition with other schools in the city. i had a very high voice before my voice broke. this was my only artistic activity at school. chinese students work very hard for their gaokao, the entrance exam for higher education – hardly any courses are offered that are unrelated to it. fortunately, the choir was exempt from this. looking back, those brief moments were the highlight of my entire school life.

and your all-time favorite? track or album?

coldplay – „x&y“

martin eugen raabenstein, first published @ das filter, 2019

In seiner Kolumne „Mitgehört“ befragt Martin Raabenstein ganz unterschiedliche Menschen, was sie musikalisch umtreibt. Von prägenden Momenten bis zu aktuellen Highlights: Die Jukebox des Filter-Schwarms wird mit jeder Folge bunter. Dieses Mal: Yiqing Zhang. Vor wenigen Jahren wagte der Chinese den beruflichen Neustart, hing das Dasein als Berater an den Nagel und gründete einen Kindergarten. 

Lieber Yiqing, magst du dich zunächst kurz vorstellen? 

Ich leite einen Kindergarten in Shanghai. Ursprünglich komme ich aber aus einer ganz anderen Richtung. Zunächst war ich Journalist bei einer Wochenzeitung, zuständig für die Bereiche Kultur und Gesellschaft. Dann war ich Analyst in einer Beratungsfirma, die sich mit dem kulturellen Transfer zwischen Europa und China auseinandersetzte. Hauptsächlich ging es dabei um die Autobranche und Erziehung. Der Unterschied zwischen der traditionellen chinesischen Form der Erziehung und der westlich-geprägten Waldorf-Idee, den ich dadurch mitbekam, brachte mich dazu zu überlegen, wie wichtig die frühe Kindheit für die weitere Entwicklung des Menschen sein kann – eine starke Inspiration, einen eigenen Kindergarten zu gründen. Das hat eine ganze Weile und verschiedene Seminare in dieser Richtung gedauert.

Seit ich täglich mit Kindern arbeite, hat sich meine Sicht auf die Welt geändert. Das liegt nicht nur daran, dass man mit den Kleinen Zeit verbringt, sondern auch wie man sie mit Musik, Malerei, Basteln und anderen künstlerischen Beschäftigungen an die kleinen und großen Aufgaben des Lebens heranführt. Ich lebe in Shanghai, einer Mega-City mit 30 Millionen Einwohnern – das eröffnet einerseits jede Menge Möglichkeiten, ist aber auch sehr fordernd. Ich mag die Geschwindigkeit und den Lärm am Tage, brauche aber meine ruhige Vorortwohnung, um wieder runterzukommen, Frieden zu genießen. Da ich in einer kollektiven Gesellschaft lebe, benötige ich diese persönliche Unabhängigkeit. Ich habe sie noch nicht wirklich erreicht, bin aber weiterhin auf der Suche nach einem guten Weg dahin.

Was hörst du zur Zeit gerne? 

Klassische Musik – Johann Sebastian Bach und seine Söhne, Carl Philipp Emanuel Bach, Wilhelm Friedemann Bach, Johann Christian Bach und Johann Christoph Friedrich Bach. Am liebsten mag ich die Klavierkonzerte.

Was macht für dich den Reiz daran aus? 

Sich mit klassischer Musik zu beschäftigen, ist noch relatives Neuland für mich. Früher war es eher die Popmusik – ich habe sehr auf die Lyrics geachtet, die mich emotional meist sehr berührten. Dabei konnte ich viel für mein Leben lernen, manche Sachen waren natürlich auch eher unwichtig. Irgendwann war mir das aber zu viel, und ich verspürte den Drang nach purerer Musik. Jetzt höre ich fast nur noch Klassik, das befriedigt meine Bedürfnisse und erweitert meinen Geist auf vielfältige Weise. Vor allem aber beruhigt es mich und ich empfinde eine große Stille.

Verbringst du generell viel Zeit mit Musik? 

Ich kann tagsüber keine Musik laufen lassen, in unserem Kindergarten sind digitale Geräte nicht gestattet. Aber ich brauche das täglich. Morgens vor und nach der Arbeit schalte ich meine Geräte ein. Das macht meine private Zeit bunter, bringt mich in unterschiedlichste Stimmungen und ist ein nützlicher Anlass, mit mir selbst in Kommunikation zu treten.

Wie hörst du denn am liebsten Musik? Also konzentriert vor der Stereoanlage oder zum Beispiel unter dem Kopfhörer? 

Zu Hause habe ich einen Bluetooth-Lautsprecher. Früher habe ich auch viel über Kopfhörer gehört, aber jetzt mag ich den Lautsprecher lieber. Er öffnet einen Raum für den ganzen Körper und nicht nur für die Ohren. Unter dem Kopfhörer fühlte ich mich physisch immer eher blind.

Deine älteste tonale Erinnerung? 

Mit zwölf Jahren habe ich im Schulchor gesungen. Wir haben wöchentlich geübt und hatten einen Wettstreit mit anderen Schulen in der Stadt am Laufen. Ich hatte eine sehr hohe Stimme, bevor mein Stimmbruch kam. Das war meine einzige künstlerische Aktivität an der Schule. Chinesische Schülerinnen und Schüler arbeiten sehr angestrengt für ihr Gaokao, die Aufnahmeprüfung für weiterführende Schulen und die Universitäten – es werden kaum Kurse angeboten, die nichts damit zu tun haben. Nur der Chor war hiervon glücklicherweise verschont. Wenn ich zurückdenke, waren diese kurzen Momente der Lichtschein meiner gesamten Schulzeit.

Und dein All-time-favourite? Track oder Album? 

Coldplay – „X&Y“

martin eugen raabenstein, erstveröffentlicht @ das filter, 2019

yiqing zhang, mitgehört
yiqing zhang, portrait
yiqing zhang, lautsprecher