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kitagawa utamaro
the fukuju-teahouse, ca. 1794

color wood print, 38,2 x 25,3 cm

while the others are dancing,
today’s sensor review spotlight is on:

kitagawa utamaro

© the british museum

en
de

everything is beautiful. everything has to be beautiful. everything will always remain beautiful and must, as such, be perceived that way. under this aspect, not only the object being viewed and its staged usage is woven into a standardized aesthetic, but the very act of viewing itself is subject to a strictly ritualized set of rules. thus instrumentalized, the wonderfully uncontrollable, real life turns into a tightly woven blanket, or better yet, a latticework of immovable totalitarian dominance, where even the slightest deviation from this admittedly finely conceived golden cage leads to immediate and harsh consequences. kitagawa utamaro is imprisoned because he dares to defy a new law, depicting members of the ruling warrior caste, the samurai, not only by name but also in suggestive situations in his works. utamaro is a headstrong man who prefers to focus on the world of refined courtesans in their green houses, rather than quickly making a name for himself by depicting trendy actors in his color woodblock prints and paintings.

define eroticism, and you have already trampled down the invisible fence leading to pornography. utamaro is a master of shunga, staging the sexual act in its explicit focus on genital interaction, in which he ashames contemporary depictions, sending them blushing to the corner. despite the excessive over-proportions of the sexual organs in these works, they possess an innocence that could even be called childlike—a fact that only a century later would be surpassed by british modern style illustrator aubrey beardsley with his zeppelin-size findings. utamaro likes to tug at female anatomy and eventually, especially in his bijin-ga (pictures of beautiful women), stretches the tightly defined rules to his advantage, over-aestheticizing his beloved courtesans by first elongating their heads and then their entire bodies, elevating them to a level of exaggerated beauty beyond the real, in a typically japanese sense of an idealized, transcendent parallel world.

utamaro’s publisher, tsutaya jūzaburō, dies in 1797, and this loss of a close friend and supporter may have led the artist to grossly overestimate his hitherto tolerated individual freedoms. his unmistakably satirical depiction of the famous shogun toyotomi hideyoshi more than irritates the current ruler. utamaro would never recover from the humiliation of being imprisoned in chains and dies two years later. moreover, the artist, whose once splendidly exaggerated depictions of women gradually swung to grotesque opposites, never again dares to elicit a grimace from the public through the excessive distortion of ugliness in his subjects. one of the leading artists of the edo period fades away, and the geishas of the yoshiwara district lose their most passionate advocate. in the fukuju teahouse, a courtesan reaches through an opening in another’s kimono to invite her to join in their nightly activities. what exactly this entails remains in the imagination of the viewer. utamaro is not always this subtle, but it is precisely in this unanswered question that the deeper, spiritual beauty of ukiyo-e, the pictures of the floating world, is hidden.

iir, october 2024

Alles ist schön. Alles hat schön zu sein. Alles wird immer schön bleiben und als solches soll, muss es auch wahrgenommen werden. Unter diesem Aspekt wird nicht nur das zu betrachtende Objekt und dessen inszenierte Nutzung in eine standardisierende Ästhetik eingewoben, auch die Betrachtung selbst unterliegt einem streng ritualisierten Regelwerk. So instrumentalisiert, dreht sich das wundersam unkontrollierbare, reale Leben ein in eine fest verwobene Decke, besser ein Gitterwerk unverrückbar totalitärer Dominanz, und eine minimale Abweichung aus diesem zugegebenermaßen fein ersonnenen goldenen Käfig zieht sofortige und harte Konsequenzen nach sich. Kitagawa Utamaro sitzt in Haft, weil er es wagt, einem neuen Gesetz nicht zu entsprechen und Mitglieder der herrschenden Kriegerkaste, der Samurai, in seinen Werken nicht nur namentlich, sondern auch in anzüglichen Situationen abzubilden. Utamaro ist ein eigensinniger Mann, der es vorzieht, die Welt der feinen Kurtisanen in ihren grünen Häusern zu thematisieren, anstatt sich durch die künstlerische Umsetzung angesagter Schauspieler in seinen Farb-Holzdrucken und Malereien einen schnellen Namen zu machen.

Definiere Erotik und schon hast du ihn niedergetrampelt, den unsichtbaren Zaun zur Pornographie. Utamaro ist ein Meister der den Geschlechtsakt inszenierenden Shunga, die in ihrer eindeutigen Fokussierung auf die genitale Interaktion eine kontemporär entsprechende Abbildung mit blässlichen Backen beschämt in die Ecke schicken kann. Den Arbeiten haftet in ihrer maßlosen Überproportionierung der Geschlechtsteile gleichwohl eine infantil zu nennende Unschuld an, die nur noch ein Jahrhundert später der britische Modern Style Illustrator Aubrey Beardsley mit seinen zeppelinartigen Formfindungen zu übertreffen weiß. Utamaro zerrt gerne an der weiblichen Anatomie und gelangt schließlich, gerade auch weil er in seinen Bijin-ga (Bilder schöner Frauen) das eng gefasste Regelwerk zu seinen Gunsten dehnt, indem er zunächst nur die Köpfe, dann den ganzen Körper seiner hoch geliebten Kurtisanen in die Länge gezogen überästhetisiert, ganz im japanischen Sinne einer das Reale überschreitenden, überhöhten Parallelwelt.

Utamaros Verleger Tsutaya Jūzaburō verstirbt 1797, und es mag diesem Verlust eines engen Freundes und Förderers geschuldet sein, dass der Künstler seine bis dato geduldeten individuellen Freiheiten grob überschätzt und mit der unzweideutig satirischen Darstellung des berühmten Shoguns Toyotomi Hideyoshi den aktuellen Herrscher mehr als nur verschnupft. Von der Demütigung der in Ketten gelegten Gefangenschaft wird sich Utamaro nicht erholen und stirbt zwei Jahre später. Zudem wagt er, dessen einst herrlich überzeichneten Frauendarstellungen mit der Zeit immer mehr in ihr groteskes Gegenteil pendeln, nie wieder in der maßlosen Übertreibung der Hässlichkeit seiner Sujets dem Publikum eine Grimasse zu entlocken. Einer der führenden Künstler der Edo-Zeit erlischt, und die Geishas des Yoshiwara-Viertels verlieren ihren glühendsten Fürsprecher. Indem sie in „Das Fukuju-Teehaus“ durch eine Wandöffnung in deren Kimono greift, fordert eine Kurtisane eine andere zur Teilnahme an ihrem nächtlichen Treiben auf. Woraus dieses genau besteht, verbleibt in der Fantasie des Betrachters. Utamaro ist wahrlich nicht immer so subtil, aber genau in dieser offen gelassenen Frage verbirgt sich die tiefere, geistige Schönheit der Ukiyo-e, der Bilder der fließenden Welt.

iir, october 2024