pierre huyghe
camata, 2024
ai directed and indefinitely in real-time edited film, installation
while the others are dancing,
today’s sensor review spotlight is on:
© pierre huyghe
do past artistic visions still contain a promising fusion of human and machine, or has a malevolent, warning dragon been lurking over every intellectual turn in this direction since postmodernism? the development of the atomic bomb highlights, alongside its skeptics, the devastating consequences of misguided technology, and by 1984, the shocking film terminator makes the bitter consequences of an unleashed machine capable of self-reflection and reproduction clear to a mass audience. in this brilliant dystopia, humanity defines itself as a pest, a being striving to destroy the world. that the independently developing world of steel brains logically aims to annihilate humanity out of pure self-preservation is entirely comprehensible.
24 years later, the 2008 animated film wall-e presents an equally plausible scenario: humanity radically pollutes its planet, then abandons it for space, carelessly leaving a group of semi-sentient robots the task of cleaning up the party’s leftovers. both critical narratives are based on contrasting rhythms in their storytelling, but they are far removed from any classical trust in the logic of human thought. yet films are only films, mere sound and smoke fired over the heads of the audience. humanity moves closer every hour to a creation it both eagerly desires and fears to its core. the true state of development of artificial intelligence remains as obscure as the meaning of “artificial” or “intelligence” itself.
pierre huyghe arranges three robotic arms around a skeleton found in the chilean desert. two of them constantly rearrange objects around this human legacy, while the third documents the process. technology, one possible interpretation of the installation suggests, outlives its creator to endlessly record its passing. but for whom? who is meant to be held accountable, and why? the programming of the scenario allows autonomous robotic actions, including camera angles and editing of a constantly generated film. we observe a stage of infinite, self-playing apparatuses handling grave goods. is this arrangement for us? are we the intended audience, or are we witnessing historical documents that a future, human-free, intelligent machine world might smugly regard as the first tests of a war it has already won?
iir, december 2024
Beinhalten vergangene künstlerische Visionen noch eine glücksverheißende Fusion von Mensch und Maschine, lauert nicht erst seit der Postmoderne ein boshaft mahnender Drache über jeder gedanklichen Hinwendung in diese Richtung. Die Entwicklung der Atombombe verdeutlicht mit den entsprechenden Zweiflern die verheerenden Auswirkungen einer irregeleiteten Technologie, und spätestens der 1984 erschienene Schocker Terminator kann massentauglich aufzeigen, zu welch bitteren Konsequenzen eine losgelassene, sich selbst reflektierende und reproduzierende Maschine bereit ist zu greifen. Der Mensch definiert sich in dieser genialen Dystopie selbst als Schädling, als ein die Welt zu vernichten strebendes Wesen. Dass die sich unabhängig entwickelnde Welt der stählernen Gehirne aus eben jenem Grund und entsprechend rein logischem Selbsterhaltungstrieb diese zu vernichten gedenkt, ist zwingend nachvollziehbar.
24 Jahre später wartet der Animationsfilm Wall-E (2008) mit einem ebenso möglichen Szenario auf, in dem der Mensch seinen Planeten erst radikal verschmutzt, diesen dann in Richtung Weltraum verlässt, um sorglos einer Anzahl halbbeseelter Roboter die Aufgabe zu überlassen, die Reste der Party zu entsorgen. Beiden kritischen Annäherungen liegt in der Konsequenz ihrer Erzählstruktur eine konträre Rhythmik zugrunde. Von klassischem Vertrauen in die Logik des menschlichen Denkens allerdings sind diese Zukünfte mehr als weit entfernt. Aber Filme sind eben nur Filme und über den Köpfen des Publikums abgefeuerter Schall und Rauch. Die Menschheit nähert sich stündlich einer Kreation, die sie sich sehnlichst herbeiwünscht und gleichzeitig bis ins Mark verängstigt. Der tatsächliche Entwicklungsstand künstlicher Intelligenz liegt ebenso im Dunkeln wie der Begriff “künstlich” und “Intelligenz” selbst.
Pierre Huyghe arrangiert drei robotische Arme um ein in der chilenischen Wüste aufgefundenes Skelett. Zwei davon legen in stetem Wandel Gegenstände um die menschliche Hinterlassenschaft, der dritte dokumentiert diesen Vorgang. Technik, so eine mögliche Lesart der Installation, überlebt ihren Schöpfer, um infinit dessen Ende in Aufnahmen zu bezeugen. Nur für wen? Wem soll Rechenschaft abgelegt werden, und warum? Die Programmierung des Szenarios lässt eigenständige Handlungsabläufe der Robotik zu, ebenso die filmischen Einstellungen und das Editieren eines konstant erstellten Filmes. Wir betrachten eine Bühne endloser, mit Grabbeigaben hantierender, sich selbst bespielender Apparate. Ist dieses Arrangement für uns? Sind wir die Adressaten, oder schauen wir gerade historische Dokumente, die eine zukünftige, von Menschen befreite, intelligente Automatenwelt als die ersten Testversuche eines dann gewonnenen Krieges süffisant belächelt?
iir, december 2024