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the good page
this episode:
brigitte stahl
artist, stuttgart

forensics
2024

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brigitte stahl, portrait

photo © brigitte stahl

en
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if the object were aware of itself, would it still need an observer? if you take the joseph out of beuys, he no longer needs to explain the pictures to the dead hare, as the hare probably already knew them. making long loops, in one hole and quickly out another, is not a question of art but a survival strategy. master lampe, or lamprecht, a victim of the deceiver reynard the fox and along with his wife devoured in the sixth canto by goethe, is just another and touchingly faithful victim on the bloody path of the red-furred one to the chancellorship of the realm. essentially, all the animals in johann wolfgang’s epic are either mentally exhausted or greedy, or both, and due to their obvious flaws, they become willing victims of the cunning trickster. once everyone and everything has been deceived, cheerful and carefree days will come … for the fox. that’s how the piece ends.

life as a struggle and entangled in the eternal dance of victim and perpetrator leaves the casual observer only the role of a dangerous witness whose best option is a quick retreat. in ‘the draughtsman’s contract,’ the artist documents a cleverly concealed murder through his sketches and thus must be disposed of himself. the photographer in ‘blow-up’ is spared this painful foolishness but is left to drift aimlessly in the turbulent and confusing sixties; different times, different films. common to all, however, is the relic, the remnant of an act turned into an object, a leftover of a mysterious, somehow interpretable action; the evidence.

to read brigitte stahl’s works as forensic device of a sort of ‘shady’ act is misleading—and yet, these are not the usual, insignificant thematic offerings folded into the artistic context didactically, philosophically, or socially. something is brewing in stahl’s denmark, but it is not the artist’s intention to trace hamlet or his being. if the object knew of itself, would it need shakespeare? no. sometimes, perhaps … knowledge without power is as insignificant as power without knowledge. stahl does not play with one, but perhaps with the other. the fox knows how to arrange his objects, or is he perhaps a hare? a female one?

iir, august 2024

Wenn das Objekt um seines Selbst wüsste, bräuchte es dann noch einen Betrachter? Nimmt man dem Joseph den Beuys, muss dieser dem toten Hasen die Bilder nicht mehr erklären, die kannte er wohl schon. Lange Haken schlagen, hinein in das eine Loch und aus dem anderen flink heraus, ist keine Frage von Kunst, sondern eine Strategie des Überlebens. Meister Lampe, oder Lamprecht, Opfer des Täuschers Reineke Fuchs und mitsamt seiner Frau bei Goethe im sechsten Gesang fluchs verspeist, ist nur ein weiteres und rührend treuseeliges Opfer auf dem blutigen Weg des Rotgefellten zum Kanzler des Reiches. Eigentlich sind alle vorgestellten Tiere in Johann Wolfgangs Epos entweder mental ermattet oder gierig, oder beides, und werden aufgrund ihrer offensichtlichen Mängel zum willfährigen Opfer des tückischen Schelmes. Nachdem alles und alle übertölpelt sind, werden heitere und sorgenlose Tage kommen … für den Fuchs. So endet das Stück.

Das Leben als Kampf und im ewigen Ringelreihn von Opfer und Täter verstrickt, verbleibt dem zufälligen Betrachter in der Rolle des gefährlichen Zeugen nur dessen schnellstmögliche Entfernung. In ‘Der Kontrakt des Zeichners’ dokumentiert der Künstler anhand seiner Skizzen einen exquisit vertuschten Mord und muss darum tunlichst selbst entsorgt werden. Dem Photographen in ‘Blow Up’ bleibt diese schmerzliche Dummerei erspart, doch nun treibt und trudelt er ziellos umeinander, hinein in diese turbulent verwirrenden Sixties; andere Zeiten, andere Filme. Allem gemeinsam aber ist das Relikt, entsprungen der Tat und in Objekthaftigkeit geflossenes Überbleibsel einer mysteriösen, wie auch immer zu deutenden Handlung; dem Beweis.

Brigitte Stahls Arbeiten als forensisch zu sichtende Hinterlassenschaft einer gewissermaßen ‘zwielichtigen’ Tat zu lesen, ist irreführend – und doch, dies sind keine im künstlerischen Kontext gewohnten, didaktisch, philosophisch oder sozial zusammengebogenen, belanglosen Themenangebote. Etwas rumort in Stahls Dänemark, aber es ist nicht der Künstlerin Absicht, dem Hamlet oder dessen Sein gar nachzuspüren. Wüsste das Objekt um seines Selbst, bräuchte es dann diesen Shakespeare? Nein. Manchmal, vielleicht … Wissen ohne Macht ist so nichtig wie Macht ohne Wissen. Stahl spielt weder mit dem einen, aber vielleicht mit dem anderen. Der Fuchs weiß, wie er seine Gegenstände zu arrangieren hat, oder ist er etwa ein Hase? Ein weiblicher?

iir, august 2024 

brigitte stahl
brigitte stahl
brigitte stahl
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brigitte stahl
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brigitte stahl
brigitte stahl
brigitte stahl
brigitte stahl