the good page
this episode:
marcus fjellström
composer & multimedia artist
1979 – 2017
the last sunset of the year
2024
![the good page, logo](https://iir-berlin.com/wp-content/uploads/2024/04/the-good-page_logo_small.png)
![IMG_9405_03 marcus fjellstroem](https://iir-berlin.com/wp-content/uploads/2025/01/fjellstroem_tgp.jpg)
photo © miasmah
it is the bereaved, the ones left behind and alone, who must endure the silence, the vacuum that a loved one leaves behind when they pass away. though the dead, through this overwhelming rupture in the lives—or rather, the survival—of their friends, partners, colleagues, or relatives, remain in memories and thoughts for a long time, sometimes for the rest of a lifetime, a simple touch, a caress on the cheek perhaps, trivial in ordinary life, is no longer possible. grief sinks deep and intertwines with the remembrance of cherished, left-behind items—a photograph, a painting, or even the last, unfinished work of an artist, posthumously released in his spirit. the touch that can no longer occur finds its way onto four sides of vinyl, assembled by close friends and companions as a musical eulogy and legacy. in 2017, composer and multimedia artist marcus fjellström chooses to leave this life, and it will take seven years for his final musical work to be released.
fjellström’s death and this final cycle of works are tragically linked, as it is the soundtrack for the first season of the series the terror, a ridley scott production based on dan simmons’ novel. in the search for a navigable northwest passage, the deadly, arctic ice claims the ship. with the knowledge and awareness of their impending deaths, the sailors watch a final sunset, sensing that in six weeks, they will not see its warming return. the swedish artist knows the horrors of a long winter night and decides not to await a new dawn. he will not witness the premiere of the series he so vividly scored. david kajganich, the show’s executive producer, and erik skodvin, musician and head of miasmah, fjellström’s previous record label, sift through all the audio material created for the project. it takes a long, very long time, until a coherent sequence of tracks emerges from the various existing versions.
the success of this multi-talented artist, trained in composition and orchestration, coincides with a time when hollywood attentively listens to new sounds and their presentation. at the beginning of this century, a whole wave of rising talents advances the concept of neoclassical music, building on figures like john adams, steve reich, and arvo pärt. from 2013, jóhann jóhannsson begins to forge new paths in international film productions, blending classical orchestration with electronic elements, a fusion that earns multiple oscar nominations. the icelandic composer chooses a final drug-medication mix as his departure in 2018. ludwig göransson, golden globe and oscar winner for his oppenheimer score, is still alive, and so we leave the oddly comparable parallel to fjellström’s suicide uncommented. the last sunset of the year is not a dry post-release of a successful american horror series; rather, the intelligent fusion of fjellström’s contributions to the series with his own compositions highlights, all too clearly, what we can no longer hope to expect from his pen in the future.
stranded in eternal ice and swallowed by nature is a clear yet dystopian image of a possible future for humanity. marcus fjellström’s timeless compositions open an overwhelming window to gently approach this crystalline perspective.
iir, january 2025
Es sind die Hinterbliebenen, die Übrig- und Mit-sich-allein-Gelassenen, die die nun eintretende Stille, das Vakuum ertragen müssen, das ein geliebter Mensch hinterlässt, wenn er verstirbt. Obwohl die Toten durch diesen übermächtigen Eingriff in das Leben – besser: Überleben – dieser Freunde, Partner, Kollegen oder Verwandter noch lange, in manchen Fällen ein restliches Leben lang, in den Erinnerungen und Gedanken verweilen, ist eine einfache Berührung, ein Streifen der Wange vielleicht, nichtig im banalen Leben, so nicht mehr möglich. Die Trauer sinkt tief ein und verbindet sich im Andenken mit geliebten, hinterlassenen Stücken – ein Foto, ein Gemälde oder eben ein letztes, unfertiges Werk eines Künstlers, das man in dessen Sinne posthum zur Veröffentlichung bringt. Die nicht mehr vollziehbare Berührung wandert über auf vier Seiten Vinyl, von engen Freunden und Begleitern zusammengefügt, als musikalischer Nachruf und Erbe. 2017 tritt der Komponist und Multimedia-Künstler Marcus Fjellström selbstgewählt aus diesem Leben, und es wird sieben Jahre dauern, bis seine letzte musikalische Arbeit als Release vorliegt.
Fjellströms Ableben und eben jener letzte Werkzyklus verknüpfen sich auf tragische Weise: Es handelt sich hierbei um den Soundtrack der ersten Staffel der Serie The Terror, in der Verfilmung von Ridley Scott, basierend auf der Vorlage von Dan Simmons. Auf der Suche nach einer befahrbaren Nordwestpassage holt sich das tödliche, nordische Eis das Schiff. Im Wissen und der Erkenntnis des eigenen Todes betrachten die Seeleute einen letzten Sonnenuntergang, erahnend, dass sie in sechs Wochen deren wärmende Rückkehr nicht mehr erleben werden. Der schwedische Künstler kennt die Schrecken einer langen Winternacht und entscheidet sich, den kommenden, neuen Morgen nicht mehr herbeizusehnen. Dem Start der von ihm eindrücklich vertonten Serie wird auch er nicht mehr beiwohnen können. David Kajganich, Executive Producer der Serie, und Erik Skodvin, Musiker und Chef von Miasmah, dem Label der vorangegangenen Alben Fjellströms, durchforschen sämtliches zum Projekt erstelltes Audiomaterial, und es wird lange, sehr lange dauern, bis sich aus verschieden vorliegenden Trackversionen eine ebenfalls in sich stimmige Stückabfolge ergibt.
Der Erfolg des in Komposition und Orchestrierung studierten Vielfachtalents Fjellström fällt in eine Zeit, in der Hollywood aufmerksam neuen Klängen und deren Darbringung lauscht. Zu Beginn dieses Jahrhunderts entwickeln eine ganze Vielzahl aufstrebender Talente den Begriff Neoclassical von Vertretern wie John Adams, Steve Reich und Arvo Pärt weiter. Es ist Jóhann Jóhannsson, der ab 2013 in internationalen Filmproduktionen mit ebenjenem Amalgam aus klassischer Orchestrierung und elektronischen Elementen neue Wege geht, die mit mehreren Oscarnominierungen gewürdigt werden. Der Isländer wählt 2018 einen finalen Drogen-Medikamenten-Mix als Abgang. Ludwig Göransson, Golden-Globe- und Oscar-Gewinner für seinen Oppenheimer-Score, lebt noch, und so lassen wir die eigenartig zu nennende Parallele zu Fjellströms Freitod unkommentiert. The Last Sunset of the Year ist nicht die dröge Nachveröffentlichung einer erfolgreichen US-amerikanischen Horrorserie. Vielmehr zeigt die intelligente Vermengung von Fjellströms musikalischen Beiträgen zur Serie mit seinen eigenen Kompositionen mehr als deutlich auf, was wir aus dieser Feder zukünftig leider nicht mehr erwarten können.
Gestrandet im ewigen Eis und von der Natur verschluckt, ist ein klares, aber auch dystopisches Bild einer möglichen Zukunft der Menschheit. Marcus Fjellströms zeitlose Kompositionen eröffnen ein überwältigendes Fenster, sich dieser kristallinen Perspektive behutsam zu nähern.
iir, january 2025
![marcus fjellström](https://iir-berlin.com/wp-content/uploads/2025/01/tlsoty_fjellstroem.jpg)