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the good page
this episode:
nicole nickel
artist, berlin

otherworld
2024

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nicole nickel, portrait

photo © nicole nickel

en
de

if gustave eiffel’s iron tower is still being erected as a monumental praise of french culture, vladimir tatlin’s monument to the third international remains only in the draft stage. both politically highly ambitious monuments of their respective national revolutions reduce themselves to the representation of pure construction; the form that encloses the body, the cladding, is not considered. with this winkingly protestant transparent gesture, architecture seeks to free itself sculpturally, and mundane engineering construction seizes the scepter of pioneering aesthetics. predominantly handled by visual artists, the subsequent debates on form and function take shape as spatially constructive expressions, with a few architects occasionally jumping the fences, firmly aware of the sweeter cherries in neighbor’s garden. without a fence, there is no incentive, the silent observer chuckles, but, in terms of a true architectural liberation, this is a mistaken thought… instead of living in eiffel’s utopias, we view the tatlin tower in the dry museum, alongside a hastily explanatory plaque.

let’s leave behind the rare examples of a more freely thinking approach to form and function à la peter eisenman, daniel libeskind, and all the singapore/hong kong niceties, and turn to the artistic implementation of an idea that does not begin with eiffel. the isometric representation of space reaches its high point in japan during the edo period. the term ukiyo-e first appears in books in 1682; the ‘cheerful, flowing world,’ as the translation goes, is depicted in paintings and woodcuts as genre scenes of the everyday life of the japanese people of that time. to this end, the non-central-perspective use of architectural representation is subordinated; it is opened up like an oyster, to reveal the interior, the focused event. although nicole nickel’s works hover around the idea of broken, deconstructed space, they do not wish to decide between architecture and art. in multiple media variations, the artist carries out her constructive lineament, a subtle nod to the artists of de stijl flashes, only to disappear again immediately; they too know their nippon.

nickel’s unpursued architecture studies cause a moment of mourning for how much the city of berlin, where she lives and works, bitterly misses such realized visions, but those are other stories. computer, pencil, brush, and saw are the artist’s chosen tools, and there, in her two- and three-dimensional world, she turns perspective into the surface and vice versa. m.c. escher might be able to transfer her playful combinations into buildings, as he too believes that only those who attempt the absurd will achieve the impossible.

iir, august 2024

Wird der eiserne Turm des Gustave Eiffel noch als monumentale Preisung der französischen Kultur errichtet, verbleibt Wladimir Tatlins Monument der Dritten Internationale nur im Entwurfsstadium. Beide politisch äußerst sendungswilligen Denkmäler der eigenen nationalen Revolution reduzieren sich zur Repräsentation der reinen Konstruktion; die den Körper schließende Form, die Ummantelung, wird nicht mitgedacht. Mit dieser augenzwinkernd protestantisch transparenten Geste sucht sich Architektur skulptural zu befreien, und schnöde Ingenieursbaukunst ergreift das Zepter wegweisendener Ästhetik. Überwiegend von bildenden Künstlern bearbeitet, gestalten sich die nun folgenden Auseinandersetzungen um Form und Funktion als räumlich konstruktive Entäußerungen. Hier und da übersteigen auch ein paar Architekten die Zäune, mit dem festen Wissen um die süßeren Kirschen in Nachbars Garten. Ohne Zaun kein Anreiz, so schmunzelt der stille Beobachter, aber im Sinne einer tatsächlichen architektonischen Befreiung falsch gedacht… Anstatt in Eiffelschen Utopien zu leben, betrachten wir den Tatlinturm im trockenen Museum, nebst eines eilfertig erklärenden Täfelchens.

Verlassen wir also die seltenen Beispiele einer Form und Funktion freier denkenderen Haltung à la Peter Eisenman, Daniel Libeskind und die ganzen Singapur/Hong Kong-Nettigkeiten und wenden uns der künstlerischen Umsetzung einer Idee zu, die nicht erst mit Eiffel beginnt. Die isometrische Darstellung von Raum findet ihre Hochform im Japan der Edo-Zeit; der Begriff Ukiyo-e erscheint erstmals 1682 in den Büchern. Die ‚heitere, fließende Welt‘, so die Übersetzung, stellt sich in Gemälden und Holzschnitten als Genrebild des alltäglichen Lebens der Japaner dieser Zeit dar. Diesem Ziel wird die nicht-zentralperspektivisch eingesetzte Architekturdarstellung untergeordnet; sie wird im Sinne einer Auster aufgebrochen, um so das Innere, das fokussierte Geschehen, freizulegen. Wiewohl Nicole Nickels Arbeiten den Gedanken des gebrochenen, auseinandergenommenen Raumes umschleichen, wollen sie sich nicht zwischen Architektur und Kunst entscheiden. In multiplen medialen Varianten vollzieht die Künstlerin ihr konstruktives Lineament, ein dezenter Wink auf die Künstler von De Stijl blitzt auf, nur um sich sogleich wieder zu verabschieden; auch diese kennen ihr Nippon.

Nickels nicht angetretenes Architekturstudium lässt für einen Moment trauern, wie sehr die Stadt Berlin, in der sie lebt und arbeitet, solche real umgesetzten Visionen bitterlich vermissen lässt, aber das sind wiederum andere Annekdoten. Computer, Bleistift, Pinsel und Säge sind der Künstlerin gewähltes Handwerkszeug, und dort, in ihrer zwei- und dreidimensionalen Welt, dreht sie die Perspektive in die Fläche und vice versa. M. C. Escher könnte ihre spielerischen Kombinationen möglicherweise dann doch in Gebäude übertragen, denn auch der ist der Meinung: Nur wer das Absurde versucht, wird das Unmögliche erreichen.

iir, august 2024 

nicole nickel
nicole nickel
nicole nickel
nicole nickel
nicole nickel
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nicole nickel
nicole nickel
nicole nickel
nicole nickel
nicole nickel
nicole nickel