/* social media icon in der menueleiste anzeigen */

mitgehört
this episode:
marie awadis
musician & composer, braunschweig

en
de

in his column „mitgehört,“ martin raabenstein interviews a wide range of people about what drives them musically. from formative moments to current highlights.

dear marie, would you please introduce yourself briefly?

i am marie awadis, an armenian composer and pianist, born in lebanon, and living in germany for a long time. i would describe myself as a dreamer who also likes to take risks to achieve something i believe in.

i come from a musical family, music was a part of our daily lives. every other day there were band rehearsals at home, my father had his own band and played armenian traditional music and pop music. already at the age of five, i was on stage with him singing. that was my first experience with the stage. i only started playing the piano later, at the age of eight, and since then it has been my faithful companion. when i write music, it mostly happens at the piano.

nice that you let us take a look into your musical everyday life. before we get started: what are you currently working on?

in addition to my debut album „études mélodiques,“ which will be released on DG on september 6, i have several other projects that excite and occupy me. these include sketches and short ideas that i have noted, for example, two albums, one for solo piano and another for cello and piano. at the moment, i feel that i am in another phase of development where i want to compose not only for the piano, my main instrument. i am very interested in sounds and their combinations, their character and atmosphere, and want to combine all these things with my being and my various feelings and cultures that i carry within me. for a few years now, i have also wanted to write for chamber ensemble and orchestra. of course, i can’t do everything at once; i have to decide on one or two of these projects first. therein lies the difficulty, because they all mean a lot to me. i like challenges and do not like to repeat myself.

what do you currently enjoy listening to?

at the moment, i am listening to a lot of chamber and orchestral music, which is very exciting and also stimulates the imagination for piano compositions. i am particularly interested in some composers that i have recently discovered, such as camille pépin, anna thorvaldsdottir, bryce dessner, and other, older acquaintances like ryuichi sakamoto or philip glass, jóhann jóhannsson or tigran mansurian, an armenian composer. in addition, i also like to listen to classical repertoire to further develop my creative world, such as poulenc, fauré, chopin, bach, and more. i also love bill evans or chet baker, billie holiday or anouar brahem. there are many great musicians that everyone should hear at least once. i also find it very important to read a lot, to experiment, and to take risks. one should enjoy life in all its details in order to share or give something like that back.

do you generally spend a lot of time with music?

i was born with music; it was part of our home from the beginning. when i started playing the piano, i built my own world around it, and in the pieces i played, i saw stories, images, certain feelings, or fantasy journeys. that has remained the same to this day. i can only listen to music when i can really be 100% present. i then sit and take a lot of time to mark what i like. very rarely can i enjoy music in the background or alongside other activities. music is a part of me, whether it is practicing the piano, composing, teaching, or simply talking to friends about music or attending concerts – everything is interconnected.

what is your earliest tonal memory?

i have a vivid memory from my childhood when i was probably three to four years old. i received a blue toy piano, and i remember sitting at it for a long time; it was my favorite toy. later, when i was already taking piano lessons, i knew at the age of 13 that i wanted to become a musician, a pianist, and with this goal, i later came to germany to further study my piano playing. composing came relatively late, for after my entire musical journey, i realized that i would rather write my own stories and share my feelings through these compositions.

your all-time favorite? track and/or album?

that’s hard to say because i believe we develop over time, and with that, our taste or interest changes, at least for me. additionally, i like to shift in different music genres. ten years ago, i would have mentioned brahms or chet baker; at the same time, i was listening a lot to datevik (an armenian jazz singer) and arno babadjanian (of course not only them, there are so many more), also astor piazzolla, radiohead, massive attack, or archive. in recent months, i have been obsessed with gabriel fauré’s „requiem“; his harmonic thinking and the way he combines instruments and choir fascinate me. for me, there will never be just one all-time favorite. i like diversity, and i want to be like that in my music too – having the freedom to combine or experiment, despite my classical roots.

dear marie, thank you very much for this exchange!

iir, june 2024

In seiner Kolumne „Mitgehört“ befragt Martin Raabenstein ganz unterschiedliche Menschen, was sie musikalisch umtreibt. Von prägenden Momenten bis zu aktuellen Highlights.

Liebe Marie, magst du dich zunächst bitte kurz vorstellen?

Ich bin Marie Awadis, eine armenische Komponistin und Pianistin, geboren im Libanon, und lebe seit langem in Deutschland. Ich würde mich als Träumerin bezeichnen, die auch gerne Risiken eingeht, um etwas zu erreichen, woran ich glaube.

Ich komme aus einer musikalischen Familie. Musik war ein Teil unseres täglichen Lebens. Jeden zweiten Tag gab es zu Hause Bandproben, mein Vater hatte seine eigene Band und spielte armenische traditionelle Musik und Popmusik. Schon mit fünf Jahren stand ich mit ihm auf der Bühne und sang. Das war meine erste Erfahrung mit der Bühne. Klavier begann ich erst später, mit acht Jahren, zu spielen, seitdem ist es mein treuer Begleiter. Wenn ich Musik schreibe, geschieht das meistens am Klavier.

Schön, dass du uns in deinen musikalischen Alltag schauen lässt. Bevor es damit losgeht: Woran arbeitest du gerade?

Neben meinem Debut-Album „Études Mélodiques“, das am 6. September auf DG erscheint, habe ich einige andere Projekte, die mich sehr begeistern und beschäftigen. Dabei handelt es sich um Skizzen und kurze Ideen, die ich notiert habe, zum Beispiel für zwei Alben für Solo-Klavier und ein weiteres für Cello und Klavier. Momentan habe ich das Gefühl, mich in einer weiteren Entwicklungsphase zu befinden, in der ich nicht nur für Klavier, mein Hauptinstrument, komponieren möchte. Ich interessiere mich sehr für Klänge und deren Kombinationen, ihren Charakter und die Atmosphäre und möchte all diese Dinge mit meinem Wesen und meinen verschiedenen Gefühlen und Kulturen, die ich in mir trage, kombinieren. Seit ein paar Jahren möchte ich auch für Kammerensemble und Orchester schreiben. Natürlich kann ich nicht alles gleichzeitig umsetzen, ich muss mich zunächst für eines oder zwei dieser Projekte entscheiden. Darin liegt die Schwierigkeit, weil sie mir alle sehr am Herzen liegen. Ich mag Herausforderungen und mag es nicht, mich zu wiederholen.

Was hörst du gerade gerne?

Zurzeit höre ich viel Kammer- und Orchestermusik, das ist sehr spannend und regt darüber hinaus auch die Fantasie für Klavierkompositionen an. Besonders interessieren mich momentan einige Komponistinnen und Komponisten, die ich neu entdeckt habe, wie Camille Pépin, Anna Thorvaldsdottir, Bryce Dessner, und andere, schon ältere Bekannte, wie Ryuichi Sakamoto oder Philip Glass, Jóhann Jóhannsson oder Tigran Mansurian, ein armenischer Komponist. Dazu höre ich natürlich auch gerne klassisches Repertoire, um meine kreative Welt weiterzuentwickeln, wie Poulenc, Fauré, Chopin, Bach und mehr. Ich liebe ebenfalls Bill Evans oder Chet Baker, Billie Holiday, Anouar Brahem. Es gibt viele tolle Musiker, die man unbedingt zumindest einmal gehört haben sollte. Ich finde es ebenfalls sehr wichtig zu lesen, zu experimentieren und Risiken einzugehen. Man sollte das Leben in allen Kleinigkeiten genießen können, um so etwas zu teilen oder zurückgeben zu können.

Verbringst du generell viel Zeit mit Musik?

Mit Musik wurde ich geboren, sie war von Anfang an ein Bestandteil unseres Zuhauses. Als ich mit dem Klavierspiel begann, baute ich meine eigene Welt rund um das Klavier und in den Stücken, die ich spielte, sah ich Geschichten, Bilder, bestimmte Gefühle oder Fantasiereisen. Das ist bis heute so geblieben. Ich kann Musik nur hören, wenn ich wirklich 100 % dabei sein kann. Ich sitze dann und nehme mir viel Zeit zu markieren, was mir gefällt. Sehr selten kann ich Musik im Hintergrund oder nebenbei genießen. Musik ist ein Teil von mir, sei es beim Klavierüben, Komponieren, Unterrichten oder einfach mit Freunden über Musik zu reden oder Konzerte zu besuchen – alles ist miteinander verbunden.

Was ist deine älteste tonale Erinnerung?

Ich habe eine bildhafte Erinnerung aus meiner Kindheit, als ich wahrscheinlich drei bis vier Jahre alt war. Ich bekam ein Klavierspielzeug, ein blaues Toy-Piano, und ich erinnere mich, dass ich lange Zeit daran saß, es war mein Lieblingsspielzeug. Später, als ich bereits Klavierunterricht hatte, wusste ich mit 13 Jahren, dass ich Musikerin, Pianistin werden wollte und mit diesem Ziel kam ich später nach Deutschland, um mein Klavierspiel weiter zu studieren. Das Komponieren kam relativ spät dazu, denn nach meiner gesamten musikalischen Reise merkte ich, dass ich lieber eigene Geschichten schreiben und meine Gefühle durch diese Kompositionen teilen möchte.

Dein All-time-Favourite? Track und/oder Album?

Das ist schwer zu sagen, da ich daran glaube, dass wir uns mit der Zeit entwickeln und sich damit auch unser Geschmack oder Interesse verändert, zumindest ist das bei mir so. Zudem bewege ich mich gerne in unterschiedlichen Musikgenres. Vor zehn Jahren hätte ich Brahms oder Chet Baker genannt, gleichzeitig habe ich damals viel Datevik (eine armenische Jazz-Sängerin) und Arno Babadjanian gehört (natürlich nicht nur, da gibt es noch so viele mehr), auch Astor Piazzolla, Radiohead, Massive Attack oder Archive. In den letzten Monaten bin ich besessen von Gabriel Faurés „Requiem“, seine harmonische Denkweise und die Art, wie er Instrumente und Chor kombiniert, fasziniert mich. Für mich wird es nie nur einen All-time-Favourite geben. Ich mag die Vielfalt, und so möchte ich auch in meiner Musik sein – die Freiheit des Kombinierens oder Experimentierens zu haben, trotz meiner klassischen Wurzeln.

Liebe Marie, ich danke dir herzlich für diesen Austausch!

iir, june 2024

marie awadis, mitgehört
marie awadis, portrait

photo © linda rosa saal