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peter roehr
ohne titel (OB-77), 1967

cardboard labels on cardboard, framed, 37.5 x 39.5 cm

while the others are dancing,
martin eugen raabenstein’s
sensor spotlight focuses on:

peter_roehr

© archiv peter roehr

en
de

peter roehr’s exceptional position in the conceptual art of the 1960s derives from the intellectual combination of three sources. the change in living conditions due to mechanical production systems, the concentrated engagement with zen buddhism, and a construction site in milan with the same poster placed in multiple rows make roehr reflect and will turn him into an early representative of minimal art in germany. like his colleagues piero manzoni and yves klein, he dies far too early—the passage of time indifferently consumes its most gifted children. at just 23 years old, roehr leaves behind an extensive body of work consisting of sound, film, image, and material collages, in which the idea and execution of repetitive action take on a remarkably individual signature. even before reaching the age of 20, his artistic modus operandi is fully developed. he makes the repetition of industrially manufactured objects such as photographs, texts, or stickers his fundamental principle and calls the results montages.

every person must find the sound of their own bell, and the artist perceives this in the relative blur of the masses. in doing so, he meticulously researches the exact quantity of selected motifs to dissolve the presence of the arranged, individual element as a basic unit in favor of a structure specific to it. if this number is not reached, the artist claims, only a collection of simple objects remains. the processing of visual information is a central function of the human brain, where we can only perceive a very limited area of our field of vision with actual sharpness. the details captured by our eye movements are continuously and situationally assembled in our cortex into an apparently sharp overall image, creating a representation of our environment. this minutely recombined synthesis, occurring every second, shapes our visual experience, which roehr masterfully manipulates by applying scientific insights.

in spiritual immersion, as practiced in various zen techniques, the meditator seeks to detach from everyday life and its trivial banalities. when mirrored in artistic practice, roehr names the objects he uses objectively and, through their repetition, allows the viewer to lose themselves within them. in the oscillating interplay between sharpened focus and simultaneous engagement with blur, the artist’s fascinating approach takes form. as a multimedia pioneer, he replaces a romantic, artistically idealized act of creation with the means of modern communication structures, effortlessly placing himself alongside his american minimal and conceptual art colleagues. „the middle ground between an object that can still be experienced and an already autonomous aesthetic structure is fixed in the montages. i believe that every thing contains perceivable properties that we rarely notice. if we perceive an object several times next to each other (in space) or in succession (in time)—without any gap in between, as no non-form can emerge that is not already determined by the form of the material—we become aware of these properties,“ says roehr.

iir, february 2025

Peter Roehrs exzeptionelle Position in der Konzeptkunst der 60er Jahre speist sich aus der gedanklichen Kombination dreier Quellen. Die Änderung der Lebensumstände durch maschinelle Produktionssysteme, die konzentrierte Auseinandersetzung mit Zen-Buddhismus und ein Mailänder Bauzaun mit einem in mehreren Reihen angebrachten, immer gleichen Plakat bringen Roehr zum Grübeln und werden ihn zu einem frühen Vertreter der Minimal Art in Deutschland machen. Er stirbt, wie seine Kollegen Piero Manzoni und Yves Klein, deutlich zu früh – die Zeit frisst unbeteiligt ihre begabtesten Kinder. Mit 23 Lebensjahren hinterlässt Roehr ein umfangreiches Werk an Ton-, Film-, Bild- und Materialkollagen, in denen Idee und Umsetzung repetitiver Aktion eine bemerkenswert individuelle Handschrift erfahren. Schon bevor Roehr das Alter von 20 erreicht, ist sein künstlerischer Modus Operandi fertig ausgereift. Die Wiederholung industriell hergestellter Gegenstände wie Fotos, Texte oder Aufkleber macht er zu seinem Grundprinzip und nennt die Ergebnisse Montagen.

Jeder Mensch muss den Klang seiner Glocke treffen, und der Künstler verspürt ihn in der relativen Unschärfe der Masse. Dabei forscht er äußerst präzise an der genauen Menge ausgewählter Motive, um so die Präsenz des gereihten, einzelnen Elements als Grundeinheit zugunsten einer für sie spezifischen Struktur aufzulösen. Wird diese Anzahl unterschritten, so der Künstler, verbleibt nur eine Ansammlung einfacher Gegenstände. Die Verarbeitung visueller Informationen bildet eine zentrale Funktion des menschlichen Gehirns, wobei wir nur eine sehr begrenzte Zone innerhalb unseres Gesichtsfeldes tatsächlich scharf wahrnehmen können. Die durch unsere Blickmotorik jeweils aufgenommenen Details werden in unserem Cortex situativ und kontinuierlich zu einem vermeintlich scharfen Gesamtbild zusammenmontiert, um uns so ein Bild unserer Umwelt zu erschaffen. Aus dieser sekündlich minutiös rekombinierten Synthese bildet sich unser Seherlebnis, mit dem Roehr in Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu jonglieren weiß.

In der geistigen Versenkung, angewandt in verschiedenen Praktiken des Zen, sucht sich der Meditierende von seinem Alltag und seinen banalen, täglichen Routinen zu lösen. Gespiegelt auf die künstlerische Praxis benennt Roehr seine genutzten Gegenstände sachlich und lässt den Betrachter sich in der Wiederholung derselben gleichzeitig verlieren. Im oszillierenden Wechsel von geschärfter Fokussierung und gleichzeitigem Spiel mit Unschärfe formuliert sich der faszinierende Ansatz des Künstlers. Als multimedial arbeitender Vordenker ersetzt er einen romantischen, künstlerisch verklärenden Schöpfungsakt durch die Mittel moderner Kommunikationsstrukturen und plaziert sich so mühelos auf der Bank seiner amerikanischen Minimal- und Conceptual-Art-Kollegen. „Die Mitte zwischen noch erfahrbarem Gegenstand und schon selbstständiger ästhetischer Struktur wird in den Montagen fixiert. Ich glaube, dass jedes Ding erfassbare Eigenschaften in sich birgt, die wir jedoch selten wahrnehmen. Wenn wir ein Ding mehrere Male nebeneinander oder untereinander (im Raum) oder hintereinander (in der Zeit) wahrnehmen – und zwar ohne einen Zwischenraum oder eine Zwischenzeit, weil dann keine Nichtform entstehen kann, die nicht durch die Form des Materials bedingt wäre –, bemerken wir diese Eigenschaften“, so Roehr.

iir, february 2025